Cafeteria

Was für eine Frage, natürlich wegen dem Timing wusste sie es. Und weil sie schon vorher gewusst hatte, auf was sie achten müsste. Sie hatte sich wieder dem Jungen mit dem sie aß zugewandt. "Vor etwas länger als 3 Monaten hatte keiner von diesen 4 etwas miteinander zu tun, Joaquin. Abgesehen davon, dass sie einige Kurse miteinander teilten. Dann plötzlich passiert etwas, dass sie nach und nach zusammen rücken lässt, sie irgendwie verbindet." Die Russin machte eine Pause, wirkte ernst. "Drei Mal darfst du raten, was der Grund dafür war." Eine kleine Spannung kam in ihr auf, auch wenn sie nach außen völlig beherrscht wirkte. Es war ein geringer Nervenkitzel jemanden einzuweihen, da sie nicht mit Sicherheit sagen konnte, wie er reagieren würde.

Er zuckte mit den Achseln. "Raten ist nicht wirklich meine Spezialität. Spucks aus." Nun war er richtig neugierig und ließ das Grüppchen nicht mehr aus den Augen. Den Schwarzen kannte er aus seinem Jahrgang und vom Nachsitzen. Liam war ihm auch bekannt, der Footballer. Er hatte eine vage Ahnung, dass es vielleicht mit etwas übernatürlichem zutun haben könnte, aber sicher war er nicht und wollte deshalb nicht ins fettnäpfchen treten.

Kanan fragte sich, ob auch denken nicht gerade seine Spezialität sei, oder ob er bloß vorsichtig war. Zumindest schien er nicht zu wissen, dass all diese Schüler auch eine Fähigkeit hatten. Zum Glück musste die Russin sich nicht zurückhalten, da sie sich sicher sein konnte, dass Joaquin ihr Geheimnis teilte.
Sie lehnte sich wieder nach vorne auf den Tisch und war ihm so näher, damit sie nicht so schreien musste. "Was genau ist stattdessen deine Spezialität?" Ihren ernsten Gesichtsausdruck zierte nun ein zartes Grinsen. und sie sah ihm fest in die Augen. "Seit 3 Monaten laufen hier Leute mit besonderen Talenten rum, die sie vorher nicht hatten. Ich spreche nicht von Jonglieren, Buchstabieren oder Akkordion spielen - abnormale Talente. Was ist deins?" Nun hatte sie sich klar genug ausgedrückt.

Er war sich nun sicher um was es genau ging. Die Fähigkeit, oder besser gesagt Fähigkeiten. Mehr als nur er schien eine zu haben und nun machte auch alles Sinn. Ein allgemeines Spektakel musste verantwortlich gewesen sein für die Kräfte, die freigesetzt wurden.
Joaquin kam ihr ebenso näher, sodass sich ihre Nasenspitzen um eine haaresbreite berührten. "Du freust dich auf etwas, bist zudem mit Spannung geladen und zugleich neugierig. Das alles vermischt mit einem Touch Gefasstheit." Langsam lehnte er sich wieder zurück. Das sollte genügen um ihr zu demonstrieren was er kann. "Und was ist es bei dir?", hing er gleich die Frage an.

Sie machte keinen Rückzieher, schreckte nicht zurück, sondern blieb entschlossen vorgebeugt und lauschte seinen Worten. Dann sah sie nach unten, biss sich grinsend auf die Unterlippe. Er konnte also Gefühle wahrnehmen. Als er sich dann schon wieder nach hinten lehnte, verharrte sie noch, folgte ihm mit ihrem Blick und meinte anerkennend, aber auch etwas gespielt: "Uh, da sollte ich mich ja in Acht nehmen. Langweilig wird es sicher nicht." Dann nahm sie seine Hand und roch mit kleinem Abstand an ihr. "Essen, Tafelkreide, Holz und Nylon...Abgesehen davon, dass du isst und ein Schüler bist, spielst du wohl ein Instrument. Lass mich raten: Gitarre?" Doch sie ließ ihm nicht wirklich Zeit zu antworten, sondern stand auf und beugte sich so über den Tisch, dass ihr Gesicht neben seinem war. "Hmmm: Edelhölzer, Wildrose..Mandeln und offenbar ein Raucher, aber zumindest einer mit Stil, wenn ich die herbe Note richtig dem Naturtabak zuordne." Dann setzte sie sich wieder richtig hin, das sollte ebenfalls als Demonstration reichen.

Schelmisch grinsend klatschte Joaquin sachte in die Hände und ließ seine grünbraunen Augen nicht von ihr. "Faszinierend.", gab er von sich. "Von nun an muss ich wohl intensiver auf meinen Körpergeruch achten." Er drehte seinen Kopf kurz zu den anderen Abnormalen und dann wieder zu Kanan. "Hast du Kontakt mit denen? Kennst du deren Fähigkeiten?" Das alles war wirklich interessant und er wusste nicht weshalb, aber das Bild des blonden Ninja schlich sich in seinen Kopf ein und das derer die schlafend im Klassenraum der 12ten verweilten.

"Und ich auf meine Gefühle.", gab sie mit einem bitteren Lächeln zurück.
"Nein, abgesehen davon, dass das Mädchen und der Blauäugige in meine Stufe gehen. Ich rieche es nur, wenn jemand dieses "Etwas" hat." Sie machte sich daran, den Rest ihrer Essensportion zu essen, was nicht mehr viel war. "Und wie es scheint, wissen sie noch nicht, wer außer ihnen sonst noch dieses kleine Geheimnis hat."

Er zog eine Augenbraue hoch und lachte leise, dann trank er den letzten Schluck Soda aus und stellte die Flasche aufs Tablett. "Ich nehme an du hast nicht vor auf sie zu zugehen?" Sie wirkte nicht wie Jemand, der jeden mitteilen musste was mit ihr los war, auch nicht denjenigen die dasselbe Problem hatten.

"Nein, ich lehne mich zurück.", was sie nun buchstäblich tat und die Arme verschränkte. " Und genieße die Show." Aus dem Hintergrund konnte man schließlich am besten alles überblicken. "Wie ist es mit dir, jetzt wo du weißt, dass es andere gibt?" Diese Frage interessierte sie ernsthaft.

Er grinste und hatte dabei die Stirn leicht gerunzelt. "Du weißt ich habe es mit Gefühlen. Ich hatte es irgendwie die ganze Zeit schon im Gefühl, dass ich nicht der Einzige bin. Nur hatte ich weder Lust zu suchen noch großes Interesse daran." Er seufzte. "Ich muss aber gestehen, dass ich grad wirklich wissen will was die so drauf haben." Er deutete mit dem Kopf in deren Richtung.

Sie schmunzelte kaum merklich und spottete innerlich über seine Formulierung, er hätte es mit Gefühlen, auch wenn sie wusste, was er meinte.
"Ist das die einzige Frage, die du zu dem Ganzen hast? Ich wüsste gern, wie dieser kranke Mist überhaupt möglich sein kann und was ihn ausgelöst hat.", ihre Stimme klang ruhig und ernst.

Er faltete die Hände. "Natürlich habe ich mir die Frage gestellt. Nur glaube ich, dass sie genauso unwissend sind wie wir. Ich meine nimmst du wirklich an, dass sie so etwas Großes verursacht haben? Sieh sie dir an." Wieder warf er einen Blick zu ihnen rüber.

Sie sah aus den Augenwinkeln zu dem Grüppchen, als Roger gerade zwei Strohhalme in seinen Nasenlöchern stecken hatte und der blonden albern irgendetwas veranschaulichen wollte. Kanans Pupillen fanden zurück zu Joaquin und ihre Augenbraue zuckte in die Höhe, was Antwort genug war. Nein, sie traute es diesen Duraks nichts zu. "Aber vielleicht wissen sie trotzdem, was die Ursache ist. Wie auch immer, hast du eigentlich irgendjemandem davon erzählt? Der Familie, einem besten Freund?" Kanan hatte es nicht getan, aber sie hatte noch nie ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis gehabt.

Joaquin dachte nach. Er hatte es Niemandem erzählt. Wem auch? Und vor allem was würde dann mit ihm geschehen, wenn es total öffentlich wäre? In irgendeine geheime Militärbasis würde er gebracht werden und unmenschliche Tests an ihm durchgeführt, darauf konnte er verzichten. "Nope... vielleicht wenn Jemand gefragt hätte, aber wer fragt dich schon ob du übernätürliche Kräfte hast?" Er legte sein Kinn in die Hand. "Da ist noch ein Mädchen. Es ist nur eine sehr vage Vermutung, aber ich glaub sie hat auch was... naja auf jeden Fall willst du jetzt heraus finden wie das alles passiert ist, oder? Dann sollten wir vielleicht wirklich mit den Freaks reden." So zusammen konnte man sie wirklich als Freaks bezeichnen. Der chillige zwielichtige Schwarze, der coole Footballer, der Nerd aka das Nashorn und die kurzhaarige unscheinbare Blonde.

Gut zu hören, denn sie hielt es auch für schlauer, keinen davon etwas wissen zu lassen. "Geht es etwas präziser?", hakte sie auf seinen Einwurf bezüglich "des Mädchens" nach.
"Und ja, früher oder später." Die Russin hatte es nicht so eilig, wollte erst mal sehen, wie es sich entwickelte, aber vielleicht wäre es nun doch einmal an der Zeit, ins Spiel einzusteigen. Wer weiß, ob die jemals drauf kommen würden, dass sie ebenfalls etwas abgekriegt hatte.

"Also letztens stand ich rauchend hinterm Gebäude, da balancierte 'n blondes Mädchen aus dem Fenster über den Container und auf den Boden. Auf jeden Fall bin ich nach ner Weile zum Klassenraum der 12ten, weil ich eigentlich auf nen Kollegen gewartet hab und was finde ich da vor? Die zwei Schüler und den Lehrer am schlafen, aber sie haben sehr tief geschlafen, das war für Schulverhältnisse unnormal. Das kam mir Spanisch vor... naja Chinesisch und ich denke das Mädchen hatte was damit zutun, vielleicht kann sie Leute zum Einschlafen bringen oder so, kein plan." Er verschränkte die Hände hinterm Kopf und blickte in Kanans Gesicht. Es war irgendwie cool endlich mal mit Jemanden darüber zu reden, vor allem mit Jemanden, der auch eine Fähigkeit bekommen hatte. "Wie willst du oder sollen wir das anstellen? Also mit den Kontakt aufnehmen?"

Kanan nahm ihn durchaus ernst, doch so richtig überzeugte sie das nicht. Und sie warf nachdenklich ein:"Nachsitzen kann sehr einschläfernd sein, habe ich mir sagen lassen. Vielleicht hat sie einfach die Gelegenheit ergriffen." Dann trank sie den Rest ihrer Flasche aus. "Wenn du es wissen willst, bring mich zu ihr, und ich prüf es." Seine letzte Frage ließ sie vorerst unbeantwortet, weil sie erst mal bei dem einen Thema bleiben wollte.

Er zog bedenklich die Augenbrauen hoch. "Ich weiss nicht in welchen Jahrgang sie geht und auch nicht wie sie heißt. Aber es wäre schon praktisch wenn du mal an ihr Schnuppern könntest."

"Wenn du das sagst, klingt es wie ein Lesbenporno.", bemerkte sie mit gerunzelter Stirn und fuhr dann in ihren Überlegungen fort. "Du wirst sie auf dem Schulhof oder im Jahrbuch wiedererkennen oder? Entweder du kriegst ihren Namen raus und ich machs, oder wir ziehen zusammen los."

"Wir können zusammen los.", sagte er, immerhin hatte er noch vor sie sich klar zu machen und die Hoffnung bis jetzt auch nicht aufgegeben. Nun wartete er auf eine Antwort von den Fragen die er ihr zuvor gestellt hatte und verschränkte dabei die Arme vor der Brust.

"Gut. Zweite Pause, an den Tischen." Dann dachte sie über seine Frage von eben nach. "Wenn du Kontakt aufnehmen willst, geh einfach hin und stell dich vor. Vielleicht haben sie ja noch einen Strohhalm übrig.", zwinkerte sie ihm zu. "Ich geb ihnen noch etwas Zeit...und wenn nehme die Gelegenheit, wenn sie kommt." Damit stand sie auf, nahm ihr Tablett und räumte es zu den anderen leeren. Immerhin klingelte es dann auch schon, und sie musste in den Unterricht.

GT//Schulhof

"Bis dann.", winkte er ihr noch halbherzig zu. Er war kein Kerl, der einfach zu Jemanden hingeht und sich ihnen vorstellt. Seufzend nahm er sein Tablett und stand auf, mit dem Fuß schob er den Stuhl an den Tisch ran. Er ging rüber und stellte das Tablett in den Wagen. Immer noch brannte die Interesse an ihren Fähigkeiten in seinen Gedanken.

CF// Parkplatz

Nach der halbwegs gelungen Einbruchsaktion, hatte die Gruppe, zwei Informationen erlangt. Einmal die ungewollte, dass Mrs. Redfeather und Mr. Bokowsky eine Affäre hatten und diese pflegten in der Schule... und dann einen Namen, den Ascal sich beim Durchschauen der unendlich langen Listen gemerkt hat: Kanan Ilarij Jegorow. Die junge Russin geht in die elfte Klasse, ist achtzehn Jahre alt und fehlte verdächtigerweise direkt nach dem Fauxpas in Chemie, das sich Roger und Thay leisteten. Deshalb hatte die Gruppe ein Auge auf Kanan geworfen, was nicht zu verdenken ist in Anbetracht der Tatsache, dass sie sich aufgrund ihrer schulischen Aktivitäten noch im Gebäude befand als das Chemieprojekt in den Sand gesetzt wurde.
Thay saß gerade mit Roger am Tisch, die Anderen waren wahrscheinlich mit ihren Freunden unterwegs. "Ich hab lange darüber nachgedacht, aber mir ist wirklich nichts Gescheites eingefallen wie wir Kanan ansprechen können.", erklärte Thay und nahm nicht wirklich an, dass Roger irgendwas im Ärmel hatte, denn Thay fand ihn sozial nicht besonders herausragend.

"Wiiiiiir....kööööönnten....sie in einen schwarzen Lieferwagen zerren und verhören.", schlug der Junge dennoch vor und bestätigte damit wahrscheinlich gerade Thays Überlegung. Nachdem er kurz in seinem Essen rumstocherte, setzte er plötzlich nochmal naiv an: "Hast du eigentlich Erfahrung mit sowas?" In seinem Kopf tanzten mal wieder die Klischeés.

Thay lachte leise, typisch Roger. Irgendwann würde sie ein Wort dafür erfinden: rogermäßig, rogerig oder rogertastatic, wobei das letzte ihn noch selbstverliebter werden ließe.
Sie trank einen Schluck Saft. "Eh... wie bitte? was?", fragte sie nach, denn im ersten Augenblick verstand Thay nicht worauf Roger hinaus wollte. Sie war doch selbst kein Mensch mit einem florierendem sozialen Umfeld, jetzt mal abgesehen von den ganzen neuen Beziehungen, die es bei ihr grad gab, die aber nicht ihre Fähigkeit begründen mit Menschen umzugehen, sondern, dass sie eher nur entstanden sind, weil alle dasselbe durchmachten.
"Oh!", machte sie dann. "Ehm, ne nicht wirklich, das Geschäft ist bei uns noch Männersache, aber ich hoffe auf Beförderung von der Spaghettikocherin zum Soldat." Sie zwinkerte ihm zu.